Studie der Technischen Universität Berlin belegt Wechselwirkungen zwischen privater Nachhaltigkeitsorientierung von Mitarbeitern und der Arbeitswelt.
Berlin, September 2013. Im Rahmen des von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Praxisprojektes „Nachhaltig leben und arbeiten“ wurden 3.042 Arbeitnehmer im deutschsprachigen Raum befragt. Die Befragten stammen aus drei Stichproben: Der „Grünen Community“ mit 1.364 Teilnehmern (rekrutiert in Selbstselektion über „grüne“ Leitmedien), einem online-repräsentativen Bevölkerungsdurchschnitt mit 1.079 Teilnehmern (rekrutiert über den Online-Panel-Anbieter respondi) und Mitarbeiter der Praxispartner tegut, Alnatura und REWE mit 599 Teilnehmern.
Die Studie wurde unter wissenschaftlicher Leitung von Prof. Dr. Ulf Schrader umgesetzt und zeigt auf, wie Ziele des Nachhaltigkeits- und Personalmanagement in Unternehmen durch die Einbindung privater Nachhaltigkeitsorientierung von Mitarbeitern besser erreicht werden können.
Überzeugte Mitarbeiter wollen auch am Arbeitsplatz wirksam sein
Die Untersuchung basiert auf der zentralen Annahme, dass Menschen mit einer privaten Nachhaltigkeitsorientierung ihre Werte, Einstellungen und Verhaltensweise auch im beruflichen Alltag einbringen wollen. „Die Ergebnisse sind eindeutig“, so kommentiert Ulf Schrader die Auswertung. Rund 70% der Mitglieder der „Grünen Community“ und der Projektpartner gaben an, dass es ihnen sehr wichtig sei, ihr umweltfreundliches Verhalten aus dem Privatleben am Arbeitsplatz einzubringen. Im repräsentativen Bevölkerungsdurchschnitt stimmten dem immerhin 54% der Befragten zu.
„Wir können aus unseren Daten einen klaren positiven Zusammenhang zwischen der Ausprägung der privaten Nachhaltigkeit und der Wichtigkeit, diese am Arbeitsplatz einzubringen, erkennen. Je mehr ein Mensch sich im Privaten für Umweltschutz interessiert, umso größer ist tendenziell der Wunsch, diese Aspekte auch am Arbeitsplatz zu leben“, erläutert Christoph Harrach, einer der Projektleiter weiter.
Wirksamkeit beeinflusst Zufriedenheit der Mitarbeiter
Die Daten zeigen jedoch auch eine große Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit auf. Nur etwa 17% der Befragten der grünen Community und des Panels gaben an, mit darüber zu entscheiden, was in ihrem Unternehmen bezüglich Nachhaltigkeit geschieht. Bei den Projektpartnern stimmten dem immerhin 33% zu. Hier wird ein großer Handlungsbedarf in den Unternehmen erkennbar. Die Daten zeigen, dass die Wirksamkeit beim Einbringen der privaten Werte ein wichtiger Faktor für die Zufriedenheit, die Bindung und das Commitment der Mitarbeiter ist, insbesondere bei den Menschen mit einer starken Nachhaltigkeitsorientierung. Die statistischen Zusammenhangsmaße sind hier durchgängig hoch signifikant. Dieser Zusammenhang ist eine der wichtigsten Erkenntnisse der Befragung.
„Unsere Empfehlung vor diesem Hintergrund ist ganz klar die stärkere und gezielte Integration der Mitarbeiter in das Nachhaltigkeitsmanagement“, betont Laura Stanszus aus der Projektleitung. Dies kann relativ einfach über klassische Instrumente wie das betriebliche Vorschlagswesen oder Ideenwettbewerbe umgesetzt werden. Auch der Aufbau von bereichsübergreifenden Arbeitsgruppen kann die nachhaltigkeitsorientierten Mitarbeiter in ihrer Wirksamkeit stärken. Eine besondere Rolle für die Wirksamkeit der Mitarbeiter am Arbeitsplatz spielen die Vorgesetzten.
Nachhaltige Talente gewinnen
Darüber hinaus gibt die Studie Hinweise auf die Relevanz des Themas Nachhaltigkeit für die Personalbeschaffung. So spielt das Thema unternehmerische Verantwortung für Bewerber eine wichtige Rolle in der Auswahl eines neuen Arbeitgebers. Die Studie zeigt, dass Unternehmen, die sich aktiv für Umwelt und Gesellschaft engagieren, am Personalmarkt als attraktive Arbeitgeber wahrgenommen werden. Und das ist nicht nur für die überdurchschnittlich gebildeten Mitglieder der grünen Community so, die zu 77% dieser Auffassung sind. Auch im repräsentativen Bevölkerungsdurchschnitt bewerten 44% der Befragten verantwortungsvolle Unternehmen als besonders attraktive Arbeitgeber. Diese Zahlen implizieren, dass Unternehmen vor dem Hintergrund des „War for Talents“ dem Thema Nachhaltigkeit bei der Personalbeschaffung großes Gewicht geben sollten.
Raus aus der Greenwashing-Falle
Weiter zeigen die Ergebnisse, dass ein mitarbeiterzentriertes CSR-Management zu mehr Glaubwürdigkeit der eigenen CSR Aktivitäten führen kann. „Nur wenn ein Unternehmen auch intern lebt, was extern kommuniziert wird, entsteht echte Glaubwürdigkeit im CSR“, unterstreicht Schrader diese Erkenntnis. Aus den Umfragedaten wird auch ein Zusammenhang zwischen der im Mitarbeiterkreis wahrgenommenen CSR-Performance eines Unternehmens und der Zufriedenheit, dem Commitment und der Bindung der Mitarbeiter sichtbar. Je mehr ein Unternehmen sich also für Umwelt und Gesellschaft einsetzt, umso zufriedener und „gebundener“ sind auch die Mitarbeiter und umso größer ist deren Bereitschaft, sich auch für das Unternehmen einzusetzen. Dieses Ergebnis legt den Schluss nahe, dass CSR-Aktivitäten nicht nur gegenüber Kunden, sondern insbesondere auch gegenüber den eigenen Mitarbeitern kommuniziert werden sollten.
Mitarbeiter als Treiber der nachhaltigen Entwicklung von Unternehmen
„Wir glauben fest daran, dass einer der zentralen Hebel für die nachhaltige Entwicklung der Unternehmen bei den Mitarbeitern liegt. Das private und berufliche Verhalten von Menschen sind zwei Seiten einer Medaille: Jeder Lebensbereich wirkt in den anderen hinein. Von Unternehmen wird das bisher strukturell noch immer zu wenig reflektiert und genutzt, um nachhaltige Entwicklung im privaten und beruflichen Kontext zu realisieren. Aus diesem Grund und mit dem Ziel, die Rahmen- und Gelingensbedingungen zu erforschen, zu diskutieren und Handlungsempfehlungen für die Praxis abzuleiten, haben wir die Untersuchungen der TU Berlin gefördert“, unterstreicht Verena Exner die Relevanz der Umfrage. Sie ist zuständige Referatsleiterin für “Umweltkommunikation und Umweltmanagement in der mittelständischen Wirtschaft” der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.
Hier die Gesamtauswertung und Ergebnisdokumentation
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